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Doppelangebote bzw. mehrere Hauptangebote

Ist die Unterscheidung zwischen dem Fall (unzulässiger) Doppelangebote und dem (zulässigen) Fall mehrerer Hauptangebote noch relevant?

Zur Historie:

Die Vergabekammer Sachsen-Anhalt hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem ein Bieter mehrere Angebote abgegeben hatte. Sie kam zu folgendem Ergebnis (Az 3 VK LSA 33/18 vom 08.06.2018):

"Grundsätzlich ist der Bieter berechtigt, zwei oder mehrere Hauptangebote abzugeben, wenn der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich festlegt, dass ein Bieter nur ein Hauptangebot abgeben darf. Gemäß geltender Rechtsprechung sind technisch verschiedene Hauptangebote eines Bieters zulässig. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Auftraggeber im Leistungsverzeichnis die Angabe von Fabrikats- und Typangaben vom Bieter fordert. Der Bieter kann dann zwei Hauptangebote mit unterschiedlichen Fabrikaten abgegeben. Bei preislich unterschiedlichen, aber inhaltlich identischen Angeboten handelt es sich um vergaberechtlich unzulässige und auszuschließende Doppelangebote (vgl OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2012 - Verg 34/12; OLG München, Beschluss vom 29.10.2013 - Verg 11/13; VK Bund, Beschluss vom 29.01.2014 - VK 1-123/13)."

Das zitierte Urteil des OLG München besagte in aller Deutlichkeit, dass mehrere Hauptangebote nur dann grundsätzlich zulässig sind, wenn sie sich nicht nur bezüglich der Preise, sondern auch in technischer Hinsicht unterscheiden.

Seit der Ausgabe der VOB/A 2019 ist auch für den Unterschwellenbereich geklärt, dass Bieter mehrere Hauptangebote abgeben dürfen, wenn dies nicht in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen explizit ausgeschlossen ist. Wenn es jedoch ausgeschlossen ist und ein Bieter dennoch mehrere Hauptangebote abgibt, sind seine Angebote auszuschließen.

Die obige Anforderung des OLG München, dass die Hauptangebote sich inhaltlich unterscheiden müssen, gilt nicht mehr.

Durch die Neuregelung des § 8 EU Abs. 2 Nr. 4 VOB/A ist die Abgabe mehrerer Hauptangebote auch dann zulässig, wenn sich diese nur im Preis unterscheiden. Damit ist die bisherige Rechtsprechung, wonach lediglich im Preis sich unterscheidende, ansonsten aber technisch identische Angebote vergaberechtlich unzulässige Doppelangebote sind, nicht mehr aufrecht erhalten. Das hat die VK Sachen (Beschluss vom 18.08.2021 - 1/SVK/016-21) auch so entschieden. Die VK Sachsen stützte sich auch auf einen Auslegungserlass des BMI vom 26.02.2020, wo es heißt:

"Die Abgabe mehrerer Hauptangebote ist grundsätzlich zugelassen.

Auch die Unterbreitung mehrerer Hauptangebote, die sich nur im Preis unterscheiden, ist nach Auffassung des BMI zulässig, solange keine belastbaren Anhaltspunkte für missbräuchliches Bieterverhalten vorliegen. Jedoch besteht, da die Abgabe mehrerer Hauptangebote in Gänze ausgeschlossen werden kann, erst recht die Möglichkeit, allein die Abgabe mehrerer Hauptangebote auszuschließen, die sich nur im Preis unterscheiden. Im Interesse der Gewährleistung eines effektiven Wettbewerbs ist von der Möglichkeit des Ausschlusses mehrerer Hauptangebote jedoch restriktiv Gebrauch zu machen."

Aus baupraktischer Sicht sind wenige redliche Gründe erkennbar, warum ein Bieter mehrere technisch identische Angebote mit unterschiedlichen Preisen abgeben sollte.

Völlig anders sieht die Situation aus, wenn ein Bieter hintereinander kommentarlos mehrere Hauptangebote losschickt. Einen solchen Fall hatte der BGH zu entscheiden (Az X ZR 122/14 vom 29.11.2016):

"Sendet ein Bieter auf elektronischem Wege ein Hauptangebot und mit gewissem zeitlichem Abstand (hier: etwa zwei Stunden) kommentarlos eine weitere als Hauptangebot erkennbare Offerte, ist dies regelmäßig, wenn nicht besondere Umstände auf einen abweichenden Willen des Absenders hindeuten, dahin zu verstehen, dass das spätere Angebot an die Stelle des früher eingereichten treten soll, nicht aber, dass es als Hauptangebot gelten sollen."

Davon zu unterscheiden sind Nebenangebote. Ein Nebenangebot besagt, dass der Bieter vom vorgegebenen Leistungsverzeichnis abweicht und eine andere Ausführungsart der ausgeschriebenen Leistung vorschlägt.